Gutachten Immobilie – Welche Arten von Gutachten gibt es?

Für Immobilientransaktionen gilt grundsätzlich: Keine Vertragsunterzeichnung ohne Gutachten! Doch welche Arten von Gutachten gibt es eigentlich – und welches eignet sich für welchen Zweck?

Welches Gutachten ist die richtige Wahl?

Das Kurzgutachten ist die beste Wahl für private Immobilientransaktionen, die auf vertrauensvoller Basis fußen und ohne Gerichtsverhandlung auskommen. Mit seiner kompakten Form von rund 15 Seiten ist das Kurzgutachten vor Gericht nicht verwendbar und trifft lediglich eine Einschätzung zur Angemessenheit des Immobilienkaufpreises. Eben diese knappe Ausführung macht das Kurzgutachten jedoch auch besonders schnell und günstig in seiner Ausstellung. Entsprechende Sachverständige werden mit der DIN-Vorschrift EN ISO/IEC 17024 von der Deutschen Akkreditierungsstelle zertifiziert und berechnen für ihre Dienstleistung 300 bis 1.000 Euro. 

Das Verkehrswertgutachten oder Vollgutachten ist mit über 30 Seiten deutlich umfangreicher und enthält neben der Berechnung des Verkehrswerts – also des Preises, den die Immobilie am Markt erzielen kann – auch die dazugehörigen Begründungen sowie alle relevanten Registerauszüge. Ein solches Gutachten ist rechtsgültig und findet somit im Kontext von Scheidungen, Zwangsversteigerungen und anderen Immobilien-Streitfällen seine Anwendung. Die Ausstellung darf ausschließlich ein vereidigter Sachverständiger der zuständigen Industrie- und Handelskammer oder ein unabhängiger Gutachter der Bundesländer vornehmen. Er benötigt mindestens vier Wochen Bearbeitungszeit für seine fachmännische Einschätzung und berechnet hierfür bis zu 3000 Euro.

Dabei wird zwischen dem Verkehrswert und dem Beleihungswert der Immobilie unterschieden:Bei der Berechnung des Beleihungswertes werden erwartbare Wertschwankungen der Immobilie berücksichtigt – was insbesondere im Kontext einer Immobilienfinanzierung relevant ist. Schließlich wird die entsprechende Immobilie über den Verlauf von Jahrzehnten als Sicherheit in die Finanzierung eingebracht. Handelt es sich um eine private Immobilientransaktion, wird der Sachwert der Immobilie berechnet – womit der Gesamtwert der Immobilie einschließlich Außenanlagen und weiterer zugehöriger Anbauten oder Gebäude gemeint ist. Wird die Immobilie zu Anlagezwecken erworben, so ist der Ertragswert relevant: Er umfasst auch die erwartbaren Mieteinnahmen der Immobilie.

Ist ein Neubau geplant, sollte ein entsprechendes Baugrundgutachten erstellt werden: Mithilfe geoanalytischer Untersuchungen wird der Baugrund hinsichtlich seiner möglichen Wechselwirkungen mit der geplanten Immobilie überprüft. Schwerwiegende Risiken für die spätere Bausubstanz, beispielsweise durch aufsteigende Feuchtigkeit oder mögliche Absackungen, können so von vornherein vermieden werden.

Wer kann einen Gutachter beauftragen?

Alle Gutachten sind gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung kostenpflichtige Immobilienbewertungen. Bei der Beauftragung des Gutachtens gilt das Besteller Prinzip – derjenige bezahlt die erbrachte Leistung, der sie beauftragt hat. Sie können also jederzeit selbst ein Gutachten anfordern. Sind Sie Eigentümer der betreffenden Immobilie, stellen Sie alle relevanten Dokumente zusammen, um Zeit und Kosten zu sparen – wie beispielsweise den Grundbuchauszug, alle vorhandenen Bauzeichnungen sowie Belege über Modernisierungen, Sanierungen und weitere bauliche Eingriffe, ein Auszug aus dem Baulastenverzeichnis sowie der Flurkarte. Bei Abschluss einer Immobilienfinanzierung kann auch der Kreditgeber einen Gutachter zur Ermittlung des Beleihungswertes beauftragen. Dieses Gutachten ist allerdings nicht für Ihrer persönliche Einschätzung des Sanierungsaufwands freigegeben.